Montag, 22. November 2004

Die Sichtweisen eines Hobbylangläufers ...

Ja ich bin wieder zurück aus dem hohen Norden mit vielen Trainingsstunden und Kilometern in den Beinen. Wir hatten eine schöne Zeit und einigen Spass, aber es war auch nicht ganz unanstrengend. Hier mal ein paar Gedanken zu diesen 2 Wochen.

The Nordic Way of Life

Was machen die meisten Spitzenlangläufer dieser Welt im November. Sie fahren nach Skandinavien und gehen zum Trainieren. Wie kommt aber ein Hobbylangläufer, der ab und zu mal an einem Volkslanglauf teilnimmt, dazu ebenfalls wie die Spitzenlangläufer in den hohen Norden zu fahren und wie diese zu trainieren?

Der Hobbylangläufer hat eine ambitionierte und talentierte junge Langläuferin in seinem Skiclub, die sehr zielstrebig und ehrgeizig auf dem Weg nach oben ist. Diese muss unbedingt unterstützt werden! Da Hobbylangläufer ein klein wenig norwegisch kann und überhaupt gerne in Norwegen unterwegs ist, wurde nach der vergangenen Saison bereits geplant und zwar ein Trainingslager in Beitostølen. Hier finden traditionell die ersten FIS-Langlaufrennen in Norwegen statt. Hier besteht für die Norweger die letzte Chance sich für den Weltcup zu qualifizieren. Ursprünglich hatten wir geplant, dass unsere Nachwuchsläuferin am FIS-Rennen teilnimmt und Hobbylangläufer die Betreuung übernimmt. Wegen Krankheit kurz vor dem Trainingslager haben wir allerdings davon abgesehen. Also nur Trainingslager ohne Rennen.

Leider liegt Beitostølen nicht um die Ecke und wir mussten erst mal anreisen. Mit unserem Sportvereinsbus voll gepackt, mussten wir erst mal über 900 km, also durch ganz Deutschland tuckern, bis wir nach Kiel auf die Fähre kamen. Auf der Strecke dorthin machten wir bereits ein kleines Wettrennen mit einem Schweizer Bus, aus dem wie wir später feststellten, ebenfalls Langläufer heraus krochen. Weiter dann mit der Fähre nach Oslo und dann noch ein paar Stunden durch das schöne Valdres fahren und dann waren wir endlich in Beitostølen. Dort hatte ich mit Knut einen guten Preis für eine nette Hütte ausgemacht, in der wir die nächsten 2 Wochen logieren sollten. Nachwuchsläuferin und Hobbyläufer sind natürlich nicht blöd und haben extra eine Köchin engagiert und ließen sich bestens kulinarisch versorgen. Ein bisschen Luxus muss ja sein!

Nach der Ankunft sind wir erstmal gemütlich zum Laufen gegangen und haben uns ein wenig im Ort umgesehen. Es herrschte bereits reger Trainingsbetrieb. Hauptsächlich Biathleten bekam man im Ort zu Gesicht. Die deutschen Damen, Russen, Chinesen, Weißrussen, Italiener, Schweizer, Norweger, Slowenen, Slowaken, Letten…. Leider hatte es in Beitostølen herunten noch nicht so viel Schnee, man konnte allerdings laufen. Ich habe mir allerdings sagen lassen, dass oben auf der Valdresflya bereits ganz gute Bedingungen sind. Also am nächsten Tag noch ein paar Kilometer fahren hoch auf die Valdresflya. Hier herrscht bereits reger Betrieb. Hobbylangläufer geht mit Nachwuchsläuferin auf die Strecke. Für Hobbylangläufer ist es zunächst ziemlich ungewohnt zwischen den ganzen Langläufern, die er sonst am Fernsehbildschirm bewundert herumzulaufen. Nur gut dass er sich hinter der Nachwuchsläuferin verstecken kann und ihre Technik begutachten muss.

Vor allem die norwegischen Langläuferinnen machen einen ziemlich guten Eindruck. Marit Bjørgen und Vibeke Skofterud machen beim Intervalltraining nach Meinung von Hobbylangläufer einen verdammt starken Eindruck. Frode (sprich Frude!) Estil arbeitet an seiner Skatingtechnik. Er ist wohl der einzige norwegische Klassikspezialist der sich wirklich ernsthaft darum bemüht ein guter Skater zu werden. Das Gefühl hat zumindest Hobbylangläufer. In einer norwegischen Zeitung liest dann auch Hobbylangläufer, dass Frode Estil mehr Skating trainiert wie klassisch und sich Bente Skari als Vorbild genommen hat. Er will auch in Skatingrennen gute Resultate. Nicht nur ab und zu mal ein gutes Ergebnis, sondern Beständigkeit. Das imponiert den Hobbylangläufer, diese Zielstrebigkeit und Mühe die er auf sich nimmt. Er weiß nämlich als Klassikspezialist nur zu gut wie das mit dem Skaten ist. An einem guten Tag reicht es mal zu einem guten Ergebnis, aber es gibt beim Skaten unglaubliche Schwankungen. Als Klassikspezialist mehr Skaten wie klassisch laufen ist ganz schön hart.

Auf jeden Fall fühlt sich der Hobbylangläufer nicht immer ganz wohl zwischen diesen ganzen Läufern. Vielleicht nicht unbedingt wegen den Nationalkaderläufern sondern wegen Läufern wie Sirdal Ski 1 + 2. Hobbyläufer von Skiclub K. läuft auf der Strecke und dann kommen Läufer von Sirdal Ski 1 + 2, laufen sehr locker einen Anstieg hoch und Hobbylangläufer läuft ebenfalls einen Anstieg hoch, wie er findet eigentlich auch locker, doch sein Puls sagt nicht ganz so locker. Das ärgert natürlich Hobbylangläufer, aber mit der Zeit gewöhnt er sich daran sich nur um sein eigenes Tempo zu kümmern, egal was rings herum passiert.

Was Hobbylangläufer natürlich freut, dass Sirdal Ski 1 + 2 beim FIS-Rennen später in der Woche ziemlich weit vorne in der Ergebnisliste zu finden waren. Die erste Woche lief es dem Hobbylangläufer nicht so richtig, vielleicht lag es an der Umstellung, der Akklimatisation.

Leider fing es später in der Woche ziemlich heftig zu winden an und man konnte nicht mehr hoch auf die Valdresflya fahren, da die Straße gesperrt wurde. Also tummelte sich dann alles unten auf der Flutlichtloipe beim Beitostølen Skistadion herum. Durch die FIS-Rennen und Biathlon-Rennen die am Wochenende stattfanden, war es dann ziemlich schwierig auf die Loipe zu kommen.

Wir haben uns natürlich die FIS-Rennen angesehen. Frode Estil und Odd-Bjørn Hjelmeseth scheinen klassisch in Form zu sein und der junge Eldar Rønning ist sicher ein Mann für die Zukunft. Überraschend gute Platzierungen hatten die Männer der „Langdistanz-Mannschaft“ rund um Jørgen Aukland. Obwohl sie bei den ersten Kilometern bei den Zwischenzeiten nicht zu sehen waren, schoben sie sich am Ende der 15 km ganz schön weit nach vorne. Skorstad wurde dann gleich noch für den ersten Weltcup nominiert. Im Sprint überraschte bei den Damen die ganz junge Läuferin Guro Strøm-Solli die der Sprintkönigin Bjørgen die Show stahl. Bei den Herren gewann Krister Trondsen, der im Sommer beim Skiroller-Training in ein paar Schafe gefahren ist, vor Trond Iversen. Bei den Skating-Rennen trumpften wieder mal die Biathleten Lars Berger und Ole-Einar (sprich Ule-Einar) Bjørndalen auf. Aber auch Frode Andresen, der durch einen Sturz die Chance auf das Podium verpasste, stahl den Spezialisten die Show. Dritter wurde Frode Estil noch vor Tore-Ruud Hofstad. Natürlich schauten wir auch bei den Biathlon-Rennen vorbei, wobei die Massenstarts ziemlich von der Windlotterie geprägt war.

An einem Abend nach den Langlaufrennen konnte man dann wieder auf die Strecke und Hobbylangläufer war am Skaten und konnte einen angenehmen Trainingspartner finden der genau sein Tempo hatte. Das war eine richtig schöne Einheit. Außerdem war an diesem Abend eine fantastische Stimmung auf der Loipe. Vielleicht das Erlebnis überhaupt in diesem Trainingslager für Hobbylangläufer. Es waren auf der 5 – 6 km Strecke laut späteren Berichten über 500 Langläufer am Trainieren. Praktisch von 4 – 100 Jahren tummelte sich alles auf der Strecke. Verschiedene Skiclubs, die mit ganzen Bussen und ihrem Nachwuchs angereist sind, die Nationalkaderläufer von Biathleten und Langläufern dazwischen, einfach alles was laufen kann und trotzdem kam man sich im Training nicht beeinträchtigt vor, hatte genügend Platz für jede Geschwindigkeit. Ich wünschte mir bei uns auch mal so viele Kinder auf der Loipe oder überhaupt diese Athmosphäre.

Damit natürlich keine Illusionen aufkommen, auch in Norwegen jammert man darüber, dass die Kinder zu wenig Bewegung haben und um 2-3 kg im Durchschnitt mehr wiegen, wie vor Jahren. Doch soviel jungen Menschen auf der Loipe zu begegnen finde ich einfach genial.

Auffallend übrigens wie versessen Norweger auf Technik und Ästhetik aus sind. Die Trainer in den Skiclubs versuchen dieses Gefühl zu vermitteln dass Langlauf auch schön aussehen muss. Außerdem sind sie sichtlich bemüht dem Nachwuchs die freie Technik beizubringen. Man spürt dass sie hier etwas bewirken wollen.

Die Loipenbedingungen wurden leider mit der Zeit immer schlechter und man konnte mehr oder weniger nur noch skaten und es kamen ganz schön die Steine durch und außerdem wurde es ziemlich eisig, doch dann kam endlich der schon lang ersehnte Schnee und man konnte bei hervorragenden Bedingungen trainieren. Der Hobbylangläufer kam auch immer besser in die Gänge und fühlte sich am Schluss sehr wohl, lief mal ein paar Runden den russischen Biathletinnen hinterher, die es natürlich auch nicht so eilig hatten oder drehte mal eine halbe Runde hinter dem klassisch laufenden Bjørndalen. Öfters traf man Läufer von anderen Skiclubs mit denen man dann im passenden Tempo ein paar Runden drehen konnte. Auf jeden Fall war am Schluss der Hobbylangläufer der Meinung dass er im Sommer aus seinen relativ wenigen Trainingsstunden das beste herausgeholt hat. Der Winter kann kommen. Nicht nur die Nachwuchslangläuferin, sondern auch der Hobbylangläufer kam also voll auf seine Kosten. Nun hofft Hobbylangläufer an einigen Volkslangläufen teilnehmen zu können.

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